Die im März 2022 von Generalsekretär António Guterres formierte UN Global Crisis Response Group on Food, Energy and Finance (GCRG) hatte bereits im April 2022 erstmals vor den katastrophalen Effekten des Ukrainekriegs auf die weltweite humanitäre Lage gewarnt. In ihrem zweiten Briefing vom 8. Juni 2022 bekräftigt die GCRG ihre Warnung und spricht von der „schwersten Krise der Lebenshaltungskosten seit einer Generation“. Die Gruppe macht vier zentrale Feststellungen zur aktuellen Krise und leitet daraus politische Handlungsempfehlungen ab.
- Es handelt sich um eine multiple Krise gestiegener Nahrungsmittel-, Dünger- und Energiepreise, die zueinander in Beziehung stehen und sich in einem Teufelskreis wechselseitig verstärken. Dies ist insbesondere deshalb gefährlich, da sich der fiskalische und sozialpolitische Handlungsspielraum gerade in ärmeren Ländern durch die Pandemie verengt hat. Die GCRG warnt auch davor, dass eine Abwärtsspirale des Lebensstandards sich in politischen Unruhen entladen kann.
- Die Auswirkungen der multiplen Krise sind zwar global spürbar, betreffen aber nicht jedes Land, jede Gruppe oder Region in gleichem Maße. Weltweit drohen 95 Millionen Menschen durch die Folgen des Ukraine-Krieges zusätzlich in extreme Armut zu rutschen. Dadurch sind auch Fortschritte in Bereichen wie Bildung oder Geschlechtergerechtigkeit ernsthaft bedroht. Insbesondere in ärmeren Ländern und Regionen, die auf Nahrungsmittelimporte angewiesen sind, ist die Armutsgefährdung besonders groß.
- Die enormen Preiserhöhungen von Düngemitteln drohen, die Kriseneffekte zu steigern. Da Russland und Belarus zu den größten Exporteuren von Düngemitteln gehören, hat sich der Preis hier noch rasanter nach oben entwickelt als etwa bei Getreide. Auch hiervon sind die Bäuer*innen im globalen Süden besonders betroffen, da sie einen größeren Anteil ihres Budgets für Dünger ausgeben müssen. Wie bei einigen Grundnahrungsmitteln wurde der Preisanstieg auch beim Dünger durch nationale Exportrestriktionen zusätzlich verstärkt.
- Wenngleich es sich eindeutig um eine globale Krise handelt, deren Auswirkungen weltweit spürbar sind, so sind die Effekte regional vielfältig und unterschiedlich schwer. So stellen in Südasien etwa die Nahrungsmittelpreise und Kreditkonditionen die größten Herausforderungen dar, während die Energiepreise eine vergleichsweise geringe Rolle spielen. In Lateinamerika hingegen ist es der Anstieg der Energiepreise, der die meisten Länder vor erhebliche Probleme stellt.
Die aus diesen Erkenntnissen abgeleiteten Handlungsempfehlungen der GCRG lassen sich in zwei grundlegende Kategorien einteilen. Erstens sind politische und humanitäre Anstrengungen zu unternehmen, um die direkten Effekte der Krise abzufedern. Hier nennt die Gruppe etwa die Sicherstellung der Versorgung mit Düngemitteln und des ungehinderten Handels mit Nahrungsmitteln. Auch die Reduktion des Energieverbrauchs durch eine Steigerung der Energieeffizienz und den rascheren Ausbau erneuerbarer Technologien gehören zu den Vorschlägen. Zweitens ist die politische Handlungsfähigkeit der besonders betroffenen Länder und Regionen zu gewährleisten. Dabei geht es insbesondere um den fiskalischen Handlungsspielraum. Wirksame Sozialsysteme sind eine Grundvoraussetzung, um die humanitären Folgen der multiplen Krisen zumindest in Teilen aufzufangen. Damit dies auch den Ländern im globalen Süden möglich ist, wird in erster Linie eine grundlegende Reform der globalen Schuldenarchitektur angemahnt.