Cali, 2. November 2024. Nach langen und turbulenten Verhandlungen ist die 16. Vertragsstaatenkonferenz des internationalen Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD-COP16) ohne einen abschließenden Beschluss zu Ende gegangen. Die Konferenz war nach der Abreise vieler Delegationen nicht mehr beschlussfähig. Die Verhandlungen sollen zu einem neuen Termin (noch ausstehend) fortgesetzt werden.
Dennoch gab es einige wichtige Ergebnisse der COP16. Dazu gehören unter anderem:
- Ein globaler Aktionsplan zu Biodiversität und Gesundheit. Dieser soll als freiwilliger Leitfaden für die Regierungen die Verknüpfung von Gesundheitspolitik und Naturschutz fördern. Der Aktionsplan beruht auf einem ganzheitlichen „One Health“-Ansatz, der die Gesundheit von Ökosystemen, Tieren und Menschen als miteinander verbunden ansieht. Er soll dazu beitragen, das Auftreten von Zoonosen einzudämmen, nicht übertragbare Krankheiten zu verhindern und nachhaltige Ökosysteme zu fördern.
- Ein neuer freiwilliger Rahmen, der vorsieht, dass ein kleiner Prozentsatz der Unternehmensgewinne aus genetischen Ressourcen, die in einem Land gewonnen werden, in einen neuen globalen Fonds für den Schutz der biologischen Vielfalt - den so genannten Cali-Fonds - fließt.
- Die Stärkung der Rolle indigener Völker und lokale Gemeinschaften, u.a. durch die Einrichtung eines ständigen Gremiums für indigene Völker und lokale Gemeinschaften unter dem Dach der Biodiversitätskonvention. Mit dieser Entscheidung werden traditionelle Wissenssysteme gewürdigt und indigenen Völkern eine direkte Rolle bei der Gestaltung globaler Naturschutzpolitik eingeräumt.
- Ein effizienteres Verfahren, das es erlaubt biologisch wertvolle Meeresgebiete, die unter Naturschutz gestellt werden sollten, besser zu identifizieren.
Nicht gelungen ist es, das im Globalen Biodiversitätsrahmen von Kunming-Montreal (Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework) beschlossene Ziel zur internationalen Biodiversitätsfinanzierung zu verwirklichen. In Cali konnten lediglich 163 Mio. Dollar an neuen Mitteln zur Bekämpfung der Biodiversitätskrise aufgebracht werden. Angesichts einer geschätzten Finanzierungslücke von 700 Mrd. US-Dollar jährlich für die biologische Vielfalt und des Ziels, 20 Mrd. US-Dollar von den Industrieländern für 2025 zu mobilisieren, fallen die Finanzierungszusagen weit hinter die Erwartungen zurück.
Die EU und Deutschland sendeten gemischte Signale. So konnte sich im Rahmen des kürzlich verabschiedeten Nature-Restoration-Law auf EU-Ebene zwar auf einen ambitionierten Biodiversitätsschutz geeinigt werden. Der von COP16-Präsidentin Susana Muhamad vorgeschlagene Biodiversitätsfonds zur Entlastung von Ländern des Globalen Südens und der Finanzierung des weltweiten Artenschutzes scheiterte jedoch am Widerstand von EU, Schweiz und Japan. Einen weiteren Rückschlag beim Gipfel bedeutete es, dass sich die Staaten nicht auf Mechanismen zur Überwachung der Einhaltung des Vertrags von Kunming-Montreal und seiner Ziele einigen konnten.
Stimmen aus den Verhandlungen:
„Die Blockade des Biodiversitätsfonds durch die EU am Ende der Konferenz hat jedoch die Gräben zwischen Industriestaaten und Ländern des globalen Südens tiefer gegraben. Die bisher positive Konferenz endete nun mit einer bitteren Note eines zunehmenden Vertrauensverlustes. Es ist ein vollkommen falsches Signal, dass Unternehmen wie Bayer erneut nur freiwillig und mit minimalen Abgaben für die Nutzung der genetischen Informationen an artenreiche Herkunftsländer zahlen. Die aktuelle und künftige Bundesregierung muss ihrer Finanzierungsverantwortung nachkommen, um Vertrauen zurückzugewinnen und konkrete Schritte zur ehrgeizigen und vor allem rechtlich verbindlichen Umsetzung des Weltnaturabkommens einzuleiten!“
Jannes Stoppel, Politikexperte von Greenpeace Deutschland
"Dies ist ein beispielloser Moment in der Geschichte der multilateralen Umweltabkommen."
Camila Romero, Aktivistin für die Rechte indigener Völker aus Chile
“From Cali, this UN Biodiversity Conference sent a powerful call to action. It has never been clearer that the implementation of the Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework and the Paris Agreement in a synergistic fashion will make peace with nature within reach."
Astrid Schomaker, Executive Secretary, Convention on Biological Diversity
„Die neue Vereinbarung zu Artikel 8J ist ein entscheidender Schritt nach vorn und verpflichtet uns, das Wissen und die Rolle indigener Völker in unsere Arbeit zur Umsetzung des Globalen Biodiversitäts-Frameworks einzubinden. Ein weiterer großer Erfolg sind der neue Mechanismus und der Fonds für einen fairen und gerechten Vorteilsausgleich bei der digitalen Sequenzierung genetischer Ressourcen, der sicherstellen wird, dass diejenigen, die von der biologischen Vielfalt profitieren, der Natur, den Ländern und Gemeinschaften etwas zurückgeben.“
Inger Andersen, Under-Secretary-General of the United Nations and Executive Director of the United Nations Environment Programme
Weitere Informationen:
BMUV Informationspapier zur Weltnaturkonferenz 2024
Relevante weitere Verhandlungen:
Klima: COP29-Klimkonferenz in Baku, Aserbaidschan vom 11-22. November 2024
Bekämpfung der Wüstenbildung: COP16-UNCCD Konferenz in Riad, Saudi-Arabien vom 2.-13. Dezember 2024