06.09.2017 | VENRO

Nachhaltige Entwicklung braucht Demokratie!

Für Freiheit und Solidarität weltweit

Aufruf an die Abgeordneten des neu gewählten 19. Deutschen Bundestags

Die Bundestagswahl 2017 fällt in eine Zeit, in der nicht nur in Ländern des globalen Südens, sondern auch bei uns in Europa der Druck auf demokratische Kräfte wächst. Rechtspopulistische und anti-demokratische Bewegungen erstarken weltweit. Mit einer Politik der nationalen Abschottung und der Einschränkung von Freiheitsrechten werden aber die negativen Auswirkungen der Globalisierung nicht zu bewältigen sein. Armut, zunehmende Ungleichheit, Klimawandel und Umweltzerstörung können nur durch internationale Kooperation und unter Beteiligung einer engagierten Zivilgesellschaft überwunden werden. Auch eine freie und kritische Berichterstattung durch Journalist_innen und Blogger_innen wie auch die Sicherstellung der Versammlungs- und Organisationsfreiheit sind dafür eine unabdingbare Voraussetzung.

Damit alle Menschen an der Vision einer lebenswerten Zukunft teilhaben können, dürfen sie sich nicht als Spielball der Globalisierung fühlen. Sie müssen vielmehr in der Lage sein und die Rahmenbedingungen vorfinden, um diese aktiv mitzugestalten. Deutschland muss auch bei der Förderung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weltweit eine aktive Rolle spielen. Dies gilt in besonderer Weise für den Schutz zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume. Aber auch in Deutschland muss eine demokratische transformative Politik die politischen Beteiligungsmöglichkeiten erhalten, neu beleben und gegebenenfalls erweitern. Die im September 2017 neu gewählten Abgeordneten des 19. Deutschen Bundestags haben die Aufgabe, sich für die Stärkung der Demokratie und die Bewältigung der globalen Herausforderungen einzusetzen.

Wir fordern die Abgeordneten des 19. Deutschen Bundestags auf: Demokratische Teilhabe aller an einer transformativen Politik und Wirtschaft zu sichern, indem sie

  • Maßnahmen ergreifen, durch die die Entscheidungs- und Handlungsspielräume für eine demokratische transformative Politik und Wirtschaft gesichert und erweitert werden. Alle Menschen müssen an diesen teilhaben und diese mitbestimmen können. Die politische Teilhabe und betriebliche Mitbestimmung aller Menschen zu sichern bedeutet insbesondere, von Armut betroffene und ältere Menschen, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, Migrant_innen und Geflüchtete sowie Menschen mit Behinderung einzuschließen. Ihr Zugang unter anderem zu Bildung, zum Arbeitsmarkt, zu medizinischer Versorgung sowie zu gesellschaftlicher und kultureller Teilhabe muss durch entsprechende Maßnahmen und gegebenenfalls institutionelle Mechanismen umfassend gesichert werden.
  • die Verwirklichung bzw. Stärkung von Demokratie und Rechtstaatlichkeit durch transparente, rechenschaftspflichtige und handlungsfähige politische Institutionen sowie die umfassende gesellschaftliche und politische Teilhabe und betriebliche Mitbestimmung in allen Staaten zum Kernelement ihrer Entscheidungen machen. Hierzu bedarf es einer kohärenten menschenrechtsbasierten Nachhaltigkeits- und Entwicklungspolitik, die die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit sowie zivilgesellschaftliches Engagement stärkt.

Menschenrechte und zivilgesellschaftliches Engagement weltweit zu schützen und zu stärken, indem sie

  • eine umfassende, transparente und entscheidungsrelevante Partizipation von Zivilgesellschaft und Sozialpartner_innen weltweit institutionell auf allen politischen Ebenen verankern und garantieren.
  • die Bundesregierung auffordern, das Forum Nachhaltigkeit zu einer relevanten Plattform für Dialog und Partizipation zu entwickeln, über das die Zivilgesellschaft inklusiv in die Erarbeitung, Umsetzung und Überprüfung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie einbezogen wird. Darüber hinaus sollten existierende Partizipationsformate des Parlaments, der Bundesregierung und der Ressorts entsprechend gestärkt werden.
  • Solidarität mit bedrohten zivilgesellschaftlichen Aktivist_innen und Gewerkschafter_innen, Journalist_innen und Blogger_innen demonstrieren und sich entschlossen für die Anerkennung und den Schutz der Menschenrechte einsetzen. Dies umfasst insbesondere, sich gegen Einschränkungen der bürgerlichen und politischen Rechte, wie der Medien- und Meinungsfreiheit, der Versammlungs- und Organisationsfreiheit, sowie der Handlungsspielräume von Menschenrechtsverteidiger_innen und zivilgesellschaftlicher Organisationen durch entsprechende Maßnahmen und Programme einzusetzen.

Eine Politik der globalen Verantwortung, Weltoffenheit und Solidarität zu gestalten, indem sie

  • eine kohärente Politik auf Basis der Menschenrechte, insbesondere auch der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, und im Sinne der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sowie unter Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens gestalten. Kohärenz muss vor allem für die Politikfelder Landwirtschaft und Handel, Außenwirtschaft, Entwicklung und Klima, Migration und Sicherheit geschaffen werden.
  • dazu beitragen, die Ursachen gewaltsamer Konflikte zu beseitigen, Krisenprävention und die friedliche Beilegung sozialer und politischer Konflikte zu stärken sowie dafür zu sorgen, dass deutsche Politik autokratische Regime nicht mehr unterstützt und jegliche Rüstungsexporte in Krisengebiete unterlässt.