22.11.2022 |

Klimaverhandlungen enden mit unzureichenden Beschlüssen

Bonn, 21.11.2022 - Vom 7.11.2022 bis 20.11.2022 fand die 27. UN-Weltklimakonferenz (COP27) in Sharm el-Sheikh statt. Die als „Climate Implementation Summit“ gepriesene Konferenz schrieb sich auf die Fahnen, Möglichkeiten der effektiven Umsetzung der Pariser Klimaziele zu finden.

Fortschritt bei Kompensation für Klimaschäden

Heiß diskutiert wurde insbesondere die Schaffung eines Fonds zur Kompensation von Verlusten und Schäden (loss and damage), die durch den Klimawandel verursacht wurden. Häufig von Ländern des globalen Südens gefordert, erklärte sich aus dem globalen Norden zunächst die EU zur Unterstützung einen solchen Fonds bereit. Während der Verhandlungen blockierten insbesondere die USA, Norwegen, Neuseeland und Australien ein solches Vorhaben, wie Greenpeace berichtet. Die EU knüpfte ihre Unterstützung für einen solchen Fonds an die Bedingung, dass China, welches sich weiterhin als „Entwicklungsland“ gemäß des Kyoto-Protokolls einstufen lässt, keine Unterstützungsleistungen aus diesem Fonds erhalte.

Dass am Ende die Einrichtung eines solchen Fonds beschlossen wurde, werteten vor allem die Länder der G77 als Erfolg. Die pakistanische Klimaministerin Sherry Rehman sprach in einem Statement beim Abschlussplenum der COP im Namen der G77 und Chinas von einem „ersten positiven Meilenstein.“ Allerdings wurden in dem Beschluss die wesentlichen Entscheidungen zur Ausgestaltung und Finanzierung des Fonds auf die nächste COP im Jahr 2023 verschoben. Beschlossen wurde lediglich, einen Übergangsausschuss (Transitional Committee) einzurichten, der sich mit allen institutionellen und finanziellen Modalitäten des neuen Fonds befassen soll. Dem Ausschuss sollen 24 Länder angehören, davon 10 aus dem globalen Norden und 14 aus dem globalen Süden. Er soll seine Beschlüsse im Konsens fällen.

Im Abschlussdokument zusätzlich angenommen wurde die Entscheidung, das sogenannte Santiago Network on Loss and Damage (SNLD) zu operationalisieren. Bei dem Santiago Network handelt es sich um ein Instrument der technischen Zusammenarbeit zur Bearbeitung von Klimaschäden.

Einzelne Länder versprachen darüber hinaus individuelle Loss and Damage-Zahlungen. Österreich kündigte zum Beispiel Zahlungen in Höhe von 50 Millionen Euro an. Großbritannien versprach, dass ihre Exportkreditagentur klimaresistente Schuldenklauseln in ihre Verträge mit aufnehmen werde. Dadurch können Länder ihre Schuldenzahlungen für zwei Jahre stoppen, wenn sie von einer Klimakatastrophe betroffen sind.

Neben der Loss and Damage-Diskussion bekräftigte die COP27 ihre „Besorgnis“ darüber, dass die Länder des globalen Nordens bisher nicht ihr Versprechen eingehalten haben, jährlich 100 Milliarden Euro an Klimafinanzierung zu leisten. Laut Medienberichten sorgten eben diese Staaten dafür, dass eine Verpflichtung, für die Versäumnisse der letzten Jahre ebenfalls zu zahlen, aus dem Abschlussdokument gestrichen wurde. Laut der Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hätten einige Länder versucht, Beschlüsse durchzusetzen, nach denen kein Land in den kommenden zehn Jahren seine Klimaschutzambitionen erhöhen müsste. Immerhin wurde das 1,5 Grad-Limit für die Erderwärmung im Abschlussdokument erneut bekräftigt. Außerdem wurde ein Arbeitsprogramm für eine gerechte Transition der Energiesysteme vereinbart.

Eine fossile Renaissance?

Bundeskanzler Olaf Scholz musste sich auf der COP wiederholt für die deutschen Investitionen in neue Gasinfrastruktur rechtfertigen. Laut Climate Action Tracker gefährde die sich anbahnende fossile Renaissance die Einhaltung des 1,5 Grad-Limits massiv. Scholz bestärkte zwar den Willen Deutschlands, aus fossilen Energieträgern auszusteigen. Zugleich unterstützt Deutschland aber die Erschließung fossiler Gasfelder im globalen Süden, wie zum Beispiel im Senegal. Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser warf Scholz in diesem Zusammenhang eine Täuschung der internationalen Öffentlichkeit vor. Überraschenderweise war es Indien, welches zusammen mit anderen Ländern einen Ausstieg aus allen fossilen Energieträgern forderte. Noch im vergangenen Jahr lag es an Indiens Einschreiten, dass in der Abschlusserklärung von einem „phase-down“ statt „phase-out“ bezüglich eines globalen Kohleausstieges gesprochen wurde.

Der von Vielen geforderte ausdrückliche Ausstieg ist aber nicht im Abschlussdokument zu finden. Einer der Gründe dafür könnte auch der Einfluss der Lobbyist*innen für fossile Energien auf der COP27 sein. Nach einer Untersuchung von Corporate Accountability, Corporate Europe Observatory (CEO), and Global Witness (GW) waren 636 Lobbyist*innen für fossile Energien bei der COP27 akkreditiert. Das waren 25 Prozent mehr als noch auf der COP26. Ihre Zahl war damit größer als die Zahl der Delegierten der zehn am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder.

Multilaterale Initiativen außerhalb der COP-Verhandlungen

Die Relevanz und der Nutzen der COPs wurden seit jeher kritisiert – zuletzt symbolisch durch das Fernbleiben von Greta Thunberg bei der diesjährigen COP. Annalena Baerbock betonte in einem Webseminar von Europe Calling dagegen, dass der Nutzen von einem regelmäßig stattfindenden Forum für den internationalen Dialog nicht zu unterschätzen sei.

Zudem bestehen die Ergebnisse des Klimagipfels nicht nur aus den offiziellen Beschlüssen. Am Rande der COP wurden eine Reihe von Initiativen präsentiert, die über die Verpflichtungen des eigentlichen Gipfels hinausweisen. So wurde am Rande der COP der „Schutzschirm gegen Klimarisiken“ vorgestellt. Dieser wurde von den G7-Staaten und den V20 (den von Klimaschäden am stärksten betroffenen 20 Ländern) beschlossen. Deutschland beteiligt sich mit 170 Millionen Euro. Weitere 40 Millionen Dollar werden von anderen Ländern zur Verfügung gestellt. Ein Teil des Geldes soll an das durch die verheerenden Fluten in diesem Sommer gezeichnete Pakistan gehen. Nach eigener Aussage benötigt das Land allerdings 30 Milliarden Dollar, um die Schäden der Flutkatastrophe zu beheben. Die Diskrepanz zwischen den bislang bereitgestellten Mitteln und der finanziellen Höhe der Klimaschäden zeigt, dass auch Deutschlands bisheriger Beitrag „nur ein Tropfen auf den heißen Stein“ sei, so Germanwatch.

Das Abschlussdokument der COP27 ist hier zu finden. Alle Dokumente der COP27 sind in der unredigierten Vorabfassung hier zugänglich.