19.08.2025 |

Verhandlungen über die neue UN-Steuerkonvention nehmen an Fahrt auf

Von Bodo Ellmers

Die Schaffung besserer Institutionen für die internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich gilt als eine der wichtigsten Säulen der Reform der internationalen Finanzarchitektur, und damit auch zur Schließung der gewaltigen SDG-Finanzierungslücke. Die erste Verhandlungsrunde über ein umfassendes Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen (UN) über internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich (FCITC) ist gerade im UN-Hauptquartier in New York City zu Ende gegangen.

Aufbauend auf den Vorarbeiten von drei Arbeitsgruppen dauerten die Verhandlungen zwei Wochen und befassten sich mit dem Kernabkommen sowie zwei zusätzlichen Protokollen – zur Besteuerung grenzüberschreitender Dienstleistungen und zur Schlichtung von Steuerstreitigkeiten. Es handelte sich um die ersten Verhandlungsrunden in einem Prozess, der bis 2027 laufen soll. Die nächste Runde ist für November 2025 in Nairobi geplant.

Verfahrensinnovationen in der Steuerpolitik

Steuerhinterziehung und schädlicher Steuerwettbewerb sind zwei Hauptgründe, warum Länder Schwierigkeiten haben, ausreichende inländische Ressourcen für die Finanzierung von Entwicklung und die Bereitstellung öffentlicher Güter zu mobilisieren. Das Problem ist globaler Natur und erfordert multilaterale Lösungen. Dies war der Grund für die Mandatierung dieses neuen UN-Prozesses, der zu einem Steuerrahmenkonvention führen soll. Der neu gegründete zwischenstaatliche Verhandlungsausschuss für die Konvention hielt seine erste und zweite Sitzung vom 4. bis 15. August 2025 in einem Paket ab.

Als UN-Prozess sind die FCITC-Verhandlungen universell angelegt und stehen allen 193 Mitgliedstaaten offen. Sie sind außerdem als Multi-Stakeholder-Prozess konzipiert, der die formelle Beteiligung nichtstaatlicher Akteure wie zivilgesellschaftlicher Organisationen (CSOs) ermöglicht. Der FCITC-Prozess kommt damit der Forderung nach einem „Platz am Tisch“ bei der Festlegung internationaler Steuervorschriften nach – eine Forderung, die in den letzten Jahren vor allem von afrikanischen Mitgliedstaaten und CSOs lautstark erhoben wurde. Alle Sitzungen wurden live auf UN Web TV übertragen und sind weiterhin als Aufzeichnungen verfügbar, was die Standards für Transparenz und Rechenschaftspflicht in diesem Bereich der globalen Wirtschaftsordnung erheblich verbessert. Gleichzeitig gibt es noch Verbesserungspotenzial. So haben die CSOs beispielsweise Bedenken geäußert, dass zwischen den formellen Verhandlungssitzungen zahlreiche zwischenstaatliche Treffen online ohne Beteiligung der CSOs stattfinden.

Ermittlung der Positionen der Mitgliedstaaten

Da die Verhandlungen mehrere Jahre dauern sollen, hatten die ersten Treffen eher den Charakter einer Sondierungsrunde. Sie lieferten jedoch interessante Einblicke in die unterschiedlichen Perspektiven der Mitgliedstaaten zu den Themenfeldern.

Was das Kernabkommen betrifft, so hat beispielsweise die Frage der Komplementarität in der Vergangenheit viel Raum eingenommen. Dabei geht es darum, ob die neue UN-Konvention bestehende Steuerabkommen, die größtenteils im Rahmen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ausgehandelt wurden, ergänzen oder ersetzen soll. Es überrascht nicht, dass einige OECD-Mitgliedstaaten sich für Ersteres ausgesprochen haben, während andere Länder gegenteilige Standpunkte vertreten.

Es ist seit langem klar, dass die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Interessen haben, wenn es darum geht, sich an ein multilaterales Steuerrahmenwerk zu binden, aber die Sitzungen in New York zeigten eine wachsende Bereitschaft der Länder, zumindest die Vorteile einer solchen Vereinbarung zu diskutieren. Es bestand auch Einigkeit darüber, dass die internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich nachhaltige Entwicklung in all ihren Dimensionen fördern sollte. In den Stellungnahmen der zivilgesellschaftlichen Organisationen wurde zudem betont, wie wichtig es ist, einen rechtsbasierten Ansatz zu verfolgen.

Im Zusammenhang mit der Förderung der Steuergerechtigkeit war die Besteuerung von Superreichen ein weiteres Thema. Die Notwendigkeit, die Besteuerung von vermögenden Privatpersonen (HNWI) zu verbessern, ist in globalen Governance-Prozessen wie dem G20-Prozess und dem UN-Prozess zur Entwicklungsfinanzierung in jüngster Zeit deutlich geworden. Dieses Thema ist in der Aufgabenbeschreibung des FCITC enthalten. Die Verhandlungen bieten somit eine Möglichkeit zur Operationalisierung und Umsetzung dieser Verbesserungenz.

Besteuerung grenzüberschreitender Dienstleistungen

Dieses Thema hat in den letzten Jahrzehnten aufgrund des Booms digitaler Dienstleistungen – also von Unternehmen aus der digitalen Wirtschaft – an Bedeutung gewonnen, von denen einige zu den umsatz- und gewinnstärksten Unternehmen weltweit gehören, aber relativ wenig Steuern zahlen. Da die wirtschaftliche Tätigkeit dieser Unternehmen von ihrer physischen Präsenz losgelöst ist, funktionieren traditionelle Besteuerungsmodelle, bei denen letztere ein relevanter Faktor ist, in diesem Sektor nicht gut. Eine quellenbezogene Besteuerung auf Bruttobasis, die es Ländern ermöglicht, digitale Dienstleistungen auch ohne physische Präsenz eines Unternehmens in dem Land, in dem die Einkünfte erzielt werden, zu besteuern, wurde während der Verhandlungen als Alternative vorgeschlagen.

Zivilgesellschaftliche Organisationen – darunter die Global Alliance for Tax Justice – drängten auf eine Abkehr von den gescheiterten Verrechnungspreismodellen, die die Unternehmensbesteuerung im letzten Jahrhundert geprägt haben, hin zu einer einheitlichen Besteuerung. Sie forderten außerdem eine progressivere Besteuerung.

Gestaltung globaler Regeln zur Beilegung von Steuerstreitigkeiten

Die ersten Diskussionen über das Protokoll befassten sich mit mehreren zentralen Fragen: Zentral war der Geltungsbereich, also ob sie nur für grenzüberschreitende Steuerstreitigkeiten gelten oder auch auf innerstaatliche Streitigkeiten ausgedehnt werden sollten. Am umstrittensten war, inwieweit Schiedsverfahren obligatorisch oder fakultativ sein sollten. Viele Länder äußerten sich zurückhaltend und verwiesen auf negative Erfahrungen mit Investor-Staat-Streitbeilegungsmechanismen (ISDS) und die Rolle, die Schiedsgerichte dabei gespielt haben. In einigen Fällen waren die Kosten für die öffentliche Hand hoch, und private Investoren haben Regierungen verklagt, die versucht haben, wichtige Regulierungsmaßnahmen einzuführen, beispielsweise zur Bekämpfung des Klimawandels. Als mögliche Alternative haben sich UN-Gremien für die Entscheidungsfindung herauskristallisiert.

Die Interessengruppen wiesen jedoch auch darauf hin, dass es viel Spielraum gibt, um die Notwendigkeit von Streitbeilegungen durch präventive Maßnahmen zu begrenzen. So wird beispielsweise das komplexe System der Verrechnungspreise, das es Unternehmen ermöglicht, Gewinne grenzüberschreitend, auch in Steueroasen, zu verlagern, als einer der Hauptgründe für das Entstehen von Steuerstreitigkeiten angesehen. Zivilgesellschaftliche Organisationen argumentierten außerdem, dass mehr Transparenz – beispielsweise die Verpflichtung transnationaler Unternehmen, ihre Umsätze und Gewinne für jedes Land separat auszuweisen (in Form einer öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung) – ebenfalls zu mehr Klarheit führen könnte.

Die Beratungen und Verhandlungen sollen auf der dritten Sitzung des Ausschusses fortgesetzt werden, die vom 10. bis 21. November 2025 in Nairobi, Kenia, stattfinden soll.